Klassisches Ballett – Woran denken Sie zuerst?
In neun von zehn Fällen – man hat es getestet – entsteht vor dem geistigen Auge ein weisses Bild : Tänzerinnen im schimmernden Tutu, von vogelgleicher Anmut, ein nobler Prinz, der sich in ein Traumwesen verliebt, ein nächtlicher Pas de deux voll Verlangen und Hingabe – Romantik pur : Schwanensee, 2.Akt.
Nach Schwanensee, sagen Ballettomanen, kann man süchtig werden. Schwanensee, sagen die Statistiker, ist populärer als jedes andere der grossen Handlungsballette. Wer Schwanensee nicht kennt, sagen die Experten, kann Ballett überhaupt nicht verstehen.
Es ist schon ein Phänomen. Selbst unsere moderne «coole» Gesellschaft lässt sich einfangen von einer im Grunde befremdlichen Geschichte. Ein junger Fürstensohn soll heiraten. Frau Mama legt es ihm nahe, kümmert sich auch um präsentable junge Damen. Prinz Siegfried jedoch hat sich in ein zauberhaftes Mädchen verliebt und ihm ewige Treue geschworen. Die wunderschöne Odette darf nur nachts für ein paar Stunden ihre menschliche Gestalt annehmen. Untertags schwimmen sie und ihre Gefährtinnen als Schwäne auf einem See. Da hat natürlich ein Magier die Hand im Spiel und wirkt weiter Unheil. Seiner eigenen Tochter gibt er die Züge Odettes und schickt sie als schwarzen Schwan auf ein Fest Im Schloss. Diese Odile ist so hemmungslos und kapriziös wie Odette schmiegsam und zärtlich war. Der verblendete Prinz merkt es nicht und bricht sein Treueversprechen. Bald jedoch erkennt er den Irrtum, erbittet und erhält Vergebung. Zuletzt besiegt er den garstigen Zauberer und der Triumph der Liebe ist vollkommen.
Eine solche Handlung hätte im heutigen Sprechtheater keine Chance, in der Oper höchstens eine kleine. Auf der Ballettbühne hingegen ist Schwanensee der Klassiker geblieben. Warum?
Es liegt natürlich an Tschaikowskys inspirierter Musik und der Ästhetik des Tanzes allgemein. Aber nicht nur. Auch der nüchterne Zeitgenosse wünscht sich – uneingestanden meist – gut getarnt – starke Gefühle und altmodisches Pathos. Liebe und Sehnsucht, Einsamkeit und Eifersucht, Wut, Schmerz und Glück – all die grossen Empfindungen sind mit der Körpersache so inbrünstig und überdimensional darzustellen, wie man es einem Sprecher, einer Sprecherin niemals abnähme. Die Tanzkünstler selbst wissen das sehr gut. Margot Fonteyn meinte einmal: Wenn ich mit Worten ausdrücken könnte, was ich verspüre, bräuchte ich nicht zu tanzen.
Hinzu kommt: selbst im Chaos, in der grössten Gefühlsverwirrung unterliegen die tanzenden Körper einer Disziplin, wie sie strenger kaum gedacht werden kann. Dafür gibt es in der realen Welt keine Entsprechung. Diese Dialektik ist wohl das eigentliche Geheimnis des klassischen Balletts.
Die Uraufführung von Schwanensee im Jahre 1877 in Moskau ging völlig daneben. Es lag an einer miserablen Choreographie und der Eigenmächtigkeit der Ballerina, die Solonummern aus anderen Balletten einfügte. Das Werk verschwand in der Schublade, was Tschaikowsky lebenslang bekümmerte. Erst nach dessen Tod wurde Schwanensee wiederentdeckt. Anno 1894 in St. Petersburg, bei einer Gala zu Ehren des Komponisten, begeisterte sich das Publikum am lyrischen 2. Akt. Im Jahr darauf choreographierten Petipa und Iwanow das ganze Werk und es wurde ein rauschender Erfolg. Diese Choreographie behauptet sich bis heute, neben einer ganzen Reihe anderer Ausdeutungen. Schwanensee ist und bleibt der Inbegriff des klassischen Balletts.
Nach Schwanensee, sagen Ballettomanen, kann man süchtig werden. Schwanensee, sagen die Statistiker, ist populärer als jedes andere der grossen Handlungsballette. Wer Schwanensee nicht kennt, sagen die Experten, kann Ballett überhaupt nicht verstehen.
Es ist schon ein Phänomen. Selbst unsere moderne «coole» Gesellschaft lässt sich einfangen von einer im Grunde befremdlichen Geschichte. Ein junger Fürstensohn soll heiraten. Frau Mama legt es ihm nahe, kümmert sich auch um präsentable junge Damen. Prinz Siegfried jedoch hat sich in ein zauberhaftes Mädchen verliebt und ihm ewige Treue geschworen. Die wunderschöne Odette darf nur nachts für ein paar Stunden ihre menschliche Gestalt annehmen. Untertags schwimmen sie und ihre Gefährtinnen als Schwäne auf einem See. Da hat natürlich ein Magier die Hand im Spiel und wirkt weiter Unheil. Seiner eigenen Tochter gibt er die Züge Odettes und schickt sie als schwarzen Schwan auf ein Fest Im Schloss. Diese Odile ist so hemmungslos und kapriziös wie Odette schmiegsam und zärtlich war. Der verblendete Prinz merkt es nicht und bricht sein Treueversprechen. Bald jedoch erkennt er den Irrtum, erbittet und erhält Vergebung. Zuletzt besiegt er den garstigen Zauberer und der Triumph der Liebe ist vollkommen.
Eine solche Handlung hätte im heutigen Sprechtheater keine Chance, in der Oper höchstens eine kleine. Auf der Ballettbühne hingegen ist Schwanensee der Klassiker geblieben. Warum?
Es liegt natürlich an Tschaikowskys inspirierter Musik und der Ästhetik des Tanzes allgemein. Aber nicht nur. Auch der nüchterne Zeitgenosse wünscht sich – uneingestanden meist – gut getarnt – starke Gefühle und altmodisches Pathos. Liebe und Sehnsucht, Einsamkeit und Eifersucht, Wut, Schmerz und Glück – all die grossen Empfindungen sind mit der Körpersache so inbrünstig und überdimensional darzustellen, wie man es einem Sprecher, einer Sprecherin niemals abnähme. Die Tanzkünstler selbst wissen das sehr gut. Margot Fonteyn meinte einmal: Wenn ich mit Worten ausdrücken könnte, was ich verspüre, bräuchte ich nicht zu tanzen.
Hinzu kommt: selbst im Chaos, in der grössten Gefühlsverwirrung unterliegen die tanzenden Körper einer Disziplin, wie sie strenger kaum gedacht werden kann. Dafür gibt es in der realen Welt keine Entsprechung. Diese Dialektik ist wohl das eigentliche Geheimnis des klassischen Balletts.
Die Uraufführung von Schwanensee im Jahre 1877 in Moskau ging völlig daneben. Es lag an einer miserablen Choreographie und der Eigenmächtigkeit der Ballerina, die Solonummern aus anderen Balletten einfügte. Das Werk verschwand in der Schublade, was Tschaikowsky lebenslang bekümmerte. Erst nach dessen Tod wurde Schwanensee wiederentdeckt. Anno 1894 in St. Petersburg, bei einer Gala zu Ehren des Komponisten, begeisterte sich das Publikum am lyrischen 2. Akt. Im Jahr darauf choreographierten Petipa und Iwanow das ganze Werk und es wurde ein rauschender Erfolg. Diese Choreographie behauptet sich bis heute, neben einer ganzen Reihe anderer Ausdeutungen. Schwanensee ist und bleibt der Inbegriff des klassischen Balletts.